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“Die Andere Seite der Pipeline. Extraktivistische Infrastrukturen zwischen Ruhrgebiet, Ukraine und Sibirien” (Grako “Das Dokumentarische“)

Dezember 18 @ 18:00 20:00

Die aus einer gemeinsamen Recherche von Oleksiy Radynsky, Hito Steyerl und Philipp Goll hervorgegangene Ausstellung „Leak. Das Ende der Pipeline“ (MdBK Leipzig 2024) betrachtet den andauernden Russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aus der Perspektive der langen Geschichte des Russischen Imperialismus. Eine These ist, dass der Extraktivismus Dreh- und Angelpunkt für die heutige koloniale Politik Russlands ist und sich maßgeblich unter deutscher Beteiligung entwickelte. Im Mittelpunkt steht das „Jahrhundertgeschäft“ über Erdgas-Lieferungen zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion, das am 1. Februar 1970 im Essener Kaiserhof unterzeichnet wurde. In diesem Dreiecksgeschäft wurden Stahlrohre aus den Mühlheimer Werken der Mannesmann-AG gegen Sibirisches Erdgas getauscht und von der Essener Ruhrgas AG vertrieben. Der Deal war zentral für die „Neue Ostpolitik“ unter Willy Brandt (SPD), die unter dem Motto „Wandel durch Handel“ politische Entspannung durch wirtschaftliche Verflechtung zu erwirken versuchte. 
Heute ist die andere Seite des als Friedensprojekt lancierten Erdgas-Röhrentauschs offensichtlich. Vor allem die Ukraine wurde darin zur Verhandlungsmasse, wie zuletzt die russische Invasion in der Ukraine 2022 deutlich machte. Wenig bekannt ist dagegen, dass mit dem russisch-deutschen extraktivistischen Joint-Venture zur Erschließung fossiler Energiequellen eine Zerstörung von Natur und indigenem Lebensraum verbunden ist. Während Willy Brandt dank des Energiehandels vermeintlich „sauberes“ Erdgas importierte und damit sein umweltpolitisches Versprechen – „Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden“ – unterstrich, wurde der Dreck der imperialen Lebensweise urbaner Zentren im Westen nach Sibirien ausgelagert. Dort durchziehen die extraktivistischen Infrastrukturen Gebiete wie z.B. die Jamal-Halbinsel, die nicht nur die gigantischen Erdgasfelder beherbergt, sondern Lebensraum für die seit Jahrhunderten mit ihren Rentieren nomadisch lebenden Nenzen ist, deren traditionelle Lebensweise der Extraktivismus zerstört.

Philipp Goll wird in dieser Veranstaltung das gemeinsame Rechercheprojekt vorstellen und einige Bestandteile präsentieren. Im Anschluss ist Zeit zur gemeinsamen Diskussion über das konkrete Projekt sowie übergreifende Diskurse rund um extraktive Infrastrukturen, Imperialismus und Kolonialismus sowie die Rolle ästhetischer Fragen und künstlerischer Arbeit in diesem Kontext. Organisiert und moderiert wird der Abend von Gerko Egert (Institut für Theaterwissenschaft), Philipp Hohmann (Das Dokumentarische) und Lana Uzarashvili (Das Dokumentarische).

Um Anmeldung via Mail an das-dokumentarische@rub.de wird gebeten.

Grako “Das Dokumentarische”

UNI 105 EG/014

Gina Pirsig