051 600 Theater, Mythen, Medien – das Resümee Hiß
2st., Do 16-18, GABF 04/411
Systematisches Modul: Mediengeschichte / Theorien & Methoden
Kommentar
Diese Vorlesung resümiert einen langjährigen Forschungsschwerpunkt, der inzwischen auch monografisch vorgetragen wurde. Im Kern geht es darum, die Beziehung von Theater und Religion zu thematisieren, und zwar auf der Grundlage eines medienwissenschaftlich überdachten Mythos-Begriffs. Dieses Interesse wird einerseits mit Blick auf die Gegenwart des Theaters zum Thema, andererseits im Feld seiner griechischen Entstehungsgeschichte. Denn mythische Dimensionen sind für das moderne Theater ebenso relevant wie mediengeschichtliche für das antike. Erläutert wird ein breiteres Spektrum von Mythen- und Ritualtheorien (etwa von Eliade, Freud, Blumenberg, Barthes, McLuhan, Assmann, Burkert, Girard und Kott), die das Mythische gerade nicht als historisch lange überwundenen, auf Narration bauenden Modus der allegorischen Welterklärung begreifen. Im Anschluss an die genannten Autoren lässt sich der Mythos verstehen als Medium von Weltkonstruktion und Komplexitätsreduktion, in der Lage, kollektive Identitäten auszubilden und zu formatieren. Diese Forschungsperspektive interessiert sich nicht für den platten Regress ins Vorsubjektive und Ozeanische, sondern für die subtile szenische Kohabitation von Mythos und Aufklärung. Es geht um die szenische Präsenz von Phänomenen, die Adorno und Horkheimer im Sinne einer „Dialektik der Aufklärung“ zivilisationsgeschichtlich gefasst haben, thematisierend die „Verstrickung“, ja den Umschlag von Aufklärung in Mythologie. Vielleicht ist – gerade mit Blick auf die Bühne – Entzauberung ohne eine geheime Verzauberung nicht zu haben. Vielleicht korrespondiert der ästhetischen Öffnung immer auch eine untergründige mythische Schließung, dem „subjektiven Raum“ (Helga Finter) ein gemeinschaftsbildender Rahmen. Vielleicht markiert auch das Theater der Gegenwart (wie schon das der Antike) ein Spannungsfeld widerstreitender Kräfte, eine mediale Melange von ästhetischen, politischen, aber eben auch mythischen Dimensionen. Punkte, die in der Vorlesung aufgegriffen werden:
Anforderungen für: -TN: Mitarbeit in einer Arbeitsgruppe -LN: Referat + Hausarbeit / Hausarbeit
Beginn: 17.04.2014 |
061 624 Körper.Wissen Imbrasaite
2st., Do 10-12, GABF 05/608
Systematisches Modul: Mediengeschichte / Gender
Kommentar
Was passiert mit einem Körper beim Geschlechtsverkehr? Kehrt er zu dem Platon’schen Idealzustand eines Kugelwesens zurück oder liefert er sich eher einer doppelten Schizophrenie aus, da wir laut Jacques Lacan immer schon zu viert sind, wenn wir zu zweit miteinander schlafen!? Ist der Körper somit immer schon zu wenig, nur ein Teil einer größeren Körperschaft, oder immer schon zu viel, überschrieben und ohne klaren Grenzen? Wo fängt der Körper überhaupt an? Ist es die Geburt? Oder ist es erst später die Haut, welche durch ständige Berührung des Anderen (z.B. Mutter) den Körper für das Subjekt von der Außenwelt abgrenzt? Oder tritt der Körper als Einheit erst mit dem Spiegelstadium ein, bei dem das kleine Kind sich zum ersten Mal im Spiegel erkennt und als ganzheitliches Bild hinnimmt? Ist der Körper somit nur ein Bild oder gibt es etwas jenseits seiner Vor- und Darstellung?Die Moderne hat sehr viel Aufmerksamkeit dem Körper gewidmet. Er rückte an die Position des Adressaten und wird bis heute wiederholten Prozessen der Befragung, Analyse, Durchdringung und Optimierung ausgesetzt. Es ist bekanntlich Michel Foucault, der darauf verwiesen hat, dass der Körperüberhaupt eine junge Erfindung der modernen Wissenschaften und Disziplinen darstellt. Somit nicht nur als Objekt der Untersuchung, sondern auch als ein diskursives Produkt der Technologien des Überwachens, Ausbildens, Strafens, Krankenpflege sowie ihrer räumlichen Bedingungen betritt der Körperunsere Geschichte. In der westlichen Wissenschaft wird fast einstimmig René Descartes als Stifter dieses Körperdiskurses erklärt. Das sogenannte kartesische Cogito wird der Auffassung des Körpers als räumlich ausgedehnte, geometrische und in etwa mechanisch bestimmte Substanz ohne innere Qualitäten beschuldigt. Trotz des großen Unbehagens mit dem kartesischen Erbe – nicht zuletzt im Theater- und Tanzdiskurs – sind wir heute nicht weniger im Körper-Geist-Dualismus gefangen. Vielmehr noch führt die Suche nach einer anderen, vielleicht nicht dualistischen Auffassung, Erfahrung, Ausdehnung des Körpers in vielen gegenwärtigen Theater, Tanz und Performance Arbeiten häufig dazu, dass der Körper nicht mehr von äußeren Mächten, sondern von den Künstlern selbst unter die Lupe genommen und mit Fragen überschüttet wird.
Das wollen wir auch tun – diese Fragen stellen, wiederholen und erweitern, doch immer mit der Gewissheit, dass sie nicht unbedingt auf Wahrheit sondern verstärkt auf Konstruktion hinauslaufen. In diesem Seminar steht der Körper als Spielfeld von Diskursen, Mächten und Signifikanten in Verhandlung. Wir werden uns hin zu seiner Diskursgeschichte begeben, seine gegenwärtige Stellung diskutieren und immer wieder der Frage nachgehen, ob ein anderes nicht-dualistisches Denken des Körpers möglich ist. Mit dieser Frage werden wir uns am Ende des Semesters auch praktisch in einem Tanzworkshop auseinandersetzen. Seminarliteratur: Jean-Luc Nancy „Ausdehnung der Seele“; „Corpus“; „Es gibt- Geschlechtsverkehr“/ Alain Badiou „Es gibt keinen Geschlechtsverkehr“/Michel Foucault „Sexualität und Wahrheit I“; „Überwachen und Strafen“/Platon „Symposion“/ Jaques Lacan „Seminar XVII: Die Kehrseite der Psychoanalyse“; „Seminar XX: Encore“/ René Descartes „Abhandlung über den Menschen“; „Meditation der Ersten Philosophie“/Kantorowicz „Zwei Körper des Königs“/ Einar Schleef „Droge Faust Parsifal“ und weitere. Anforderungen für: – TN: Mini-Vortrag und Diskussion – LN: Schriftliche Hausarbeit oder mündliche Prüfung Beginn: 17.04.2014 |