080 760 Geschlechterdimensionen im Krieg Buchwald
Vorbesprechung: 24.01.2014, 12-16, GBCF 04/608
1. Block: 13. und 14.02., 9-18, GBCF 05/608
2. Block: 06. und 07.03., 9-18, GBCF 05/608
Kommentar
Das 20. Jahrhundert war geprägt von bewaffneten Konflikten und Kriegen, auch heute hören wir fast täglich über gewalttätige Auseinandersetzungen aus Krisengebieten. Wie in allen anderen Situationen im Alltag sind auch Kriege und bewaffnete Konflikte seit jeher nicht frei von Geschlechterstereotypen. Diese zu beleuchten und zu hinterfragen, ist Ziel des Seminars. Neben einer theoretischen Annäherung soll sich im Zuge des Seminars in den unterschiedlichen Zeitetappen mit dem Zusammenhang von Krieg und Geschlecht auseinandergesetzt werden.
In friedlichen Gesellschaften beherrscht die Debatte über Frauen im Militär die Diskussion. Dahinter steht oft die Frage der vermeintlichen grundsätzlichen Friedfertigkeit von Frauen. Sind Frauen also gar nicht fähig, im Militär zu bestehen? Was macht der militärische Drill mit den Frauen und ihrer Friedfertigkeit? Kann überhaupt von einer grundsätzlichen Friedfertigkeit ausgegangen werden?
Im bewaffneten Konflikt kommt es – nicht erst seit dem Bekanntwerden in den 1990er Jahren – zu sexualisierter Kriegsgewalt, die sich insbesondere in Vergewaltigungen äußert. Diese Gewalt richtet sich – entgegen der weitverbreiteten Ansicht, es seien nur Frauen betroffen – gegen beide Geschlechter. Mittlerweile wird häufig von einer „Kriegsstrategie“ gesprochen. Durch verschiedene internationale Resolutionen wurde versucht, diese Verbrechen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu deklarieren. Welche Auswirkungen haben Vergewaltigungen? Welchen Zweck verfolgen sie? Hat sich sexualisierte Kriegsgewalt historisch verändert? Wie äußert sich sexualisierte Kriegsgewalt gegen Männer? Was wird dagegen getan oder was kann dagegen getan werden?
In der Postwar-Phase stehen Friedensprozesse auf der Tagesordnung, diese werden häufig ohne Einbeziehung von Frauen geführt. Diese Debatte soll ebenso aufgegriffen werden, wie auch die Debatte über die Aussöhnungsprozesse nach Kriegsende. Nicht jeder Staat erkennt seine Taten aus Kriegszeiten an, was häufig zu nachhaltig anhaltenden Spannungen zwischen den Staaten führen kann. Wie kann eine Einbindung von Frauen in Friedensprozessen aussehen? Ist diese überhaupt notwendig? Was verspricht man sich davon? Welche Rolle spielt die Anerkennung der Kriegsverbrechen durch die Täter für die Opfer? Kann eine Aussöhnung überhaupt funktionieren?
Durch die Einbindung der unterschiedlichsten Teildisziplinen – der Friedens- und Konfliktforschung, der Gender Studies, der Männlichkeitsforschung, der Militärforschung, der Geschichte, der rechtlichen Dimension und der Internationalen Beziehungen – ist das Seminar bewusst interdisziplinär angelegt und soll einen umfassenden Blick auf die Geschlechterdimension im Krieg ermöglichen.
Aufbau des Seminars:
1. Konstituierende Sitzung (Einführung, Seminarkonzept, Leistungsanforderungen)
2. Theoretische Zugangsweisen zur Geschlechterdimension im Krieg
3. Geschlechterkonstruktionen im Krieg
4. Frauen im Militär – die deutsche Debatte
5. Frauen im Militär – internationale Fallbeispiele
6. Sexualisierte Kriegsgewalt – eine historische Annäherung
7. Sexualisierte Kriegsgewalt – die rechtliche Dimension
8. Sexualisierte Kriegsgewalt – Fallbeispiele
9. Sexualisierte Kriegsgewalt – Fallbeispiele
10. Sexualisierte Kriegsgewalt – Männer als Opfer
11. Sexualisierte Kriegsgewalt und ihre Folgen – Die Anerkennung der Kriegsverbrechen
und der Aussöhnungsprozess
12. Friedensverhandlungen – die Rolle der Frauen
13. Abschließende Diskussion und Zusammenführung
14. Besprechung von Hausarbeitsthemen
Angaben zur Lehrmethode/Arbeitsumfang für die Studierenden:
Für die notwendige Mitarbeit und ausreichende Vorbereitung werden von jeder/m Studierenden zwei Exzerpte zu zwei Sitzungen erwartet, die spätestens am Vorabend der Seminarsitzung per Email zugesandt werden. Neben diesen Exzerpten ist für eine aktive Teilnahme ein Kurzreferat (maximal 10 Minuten) zu einem der Texte erforderlich.
Für eine benotete Teilnahme ist neben den Exzerpten eine Hausarbeit erforderlich oder wahlweise eine Posterpräsentation im Zuge der Sitzungen 8/9 möglich.
Durch die Nutzung eher schriftlicher Leistungen soll der Referatsumfang reduziert und so mehr Möglichkeit für Diskussionen geschaffen werden. Neben den wissenschaftlichen Texten wird auch auf Debatten zurückgegriffen (etwa Alice Schwarzer zu Frauen im Militär) und Auszüge aus Filmdokumentationen genutzt. Die Exzerpte setzen zudem eine intensive Bearbeitung der Texte voraus.
Durch die Einbindung unterschiedlicher Disziplinen soll ein umfassender Blick auf das Thema geworfen werden. Zudem soll insbesondere beim Fokus auf sexualisierte Kriegsgewalt neben der Männlichkeitsforschung auch der Intersektionalität Rechnung getragen werden, denn meist ist hier eine Kopplung von Geschlecht und Ethnie/Religion ausschlaggebend.
Einführende Literatur:
Ahrens, Jens-Rainer (Hrsg.): Frauen im Militär. Empirische Befunde und Perspektiven zur Integration von Frauen in die Streitkräfte. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften 2005.
Arloth, Jana und Frauke Lisa Seidensticker: Frauen als Akteurinnen in Friedensprozessen. Begleitstudie zum Werkstattgespräch „Frauen und bewaffnete Konflikte“ anlässlich des 10. Jahrestages der UN-Resolution 1325. Unter: http://www.institut-fuer- menschenrechte.de/uploads/tx_commerce/studie_frauen_als_akteurinnen_in_friedensproz essen.pdf
Griese, Karin (Hrsg.): Sexualisierte Kriegsgewalt und ihre Folgen: Handbuch zur Unterstützung traumatisierter Frauen in verschiedenen Arbeitsfeldern. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Frankfurt am Main: Mabuse-Verlag 2006.
Karen Hagemann u.a. (Hrsg.): Frieden – Gewalt – Geschlecht. Friedens- und Konfliktforschung als Geschlechterforschung. Essen: Klartext Verlag.
Neissl, Julia (Hrsg.): Männerkrieg und Frauenfrieden: Geschlechterdimensionen in kriegerischen Konflikten. Wien: Promedia 2003.
Anmeldung per E-Mail bei der Dozentin: ChrBuchwald@gmail.com