25.04.2018 | MARC SIEGEL (Goethe-Universität Frankfurt a. M. / D) // ENTFALLEN!
Erkenne die LageWhat Is a Documentary That Dare Not Speak Its Name? Reconsidering Jack Smith‘s Flaming Creatures Medien des Konkreten im Nachkrieg
Abstract
There are many documentary films about LGBTIQ* people and issues. Colloquially, we call them queer documentaries. But what makes them queer? Their subject matter alone? The sexual or gender identity of their maker? If queer suggests a beyond to existing regimes of representation, as early queer theorists like Lauren Berlant, Elizabeth Freeman and Judith Butler have argued, how can it be documented? What are the aesthetic strategies of a documentary that dare not speak its name? To address these questions, this presentation will return to an unlikely source, Jack Smith’s pioneering underground film Flaming Creatures (1962-63). Hardly known as a documentary, Smith’s avant-garde work nevertheless ties aesthetic innovation to the representation of sexual and gender minorities and serves thereby as a useful reference point for discussing the possibilitites of documenting queerness.
Biographical Note
Marc Siegel ist zur Zeit Vertretungsprofessor für Medienkulturwissenschaft an der Universität Hildesheim. Seine Forschung und Veröffentlichungen liegen im Bereich des Experimentalfilms und Queer Studies. Sein Buch A Gossip of Images wird 2019 bei Duke University Press erscheinen. Er ist u.a. Herausgeber einer Sonderausgabe der Zeitschrift Criticism zu Jack Smith (2014) und Mit-Herausgeber der Bücher Synchronisierung der Künste (Fink, 2013) und Outside. Die Politik queerer Räume (b_books, 2005). Siegel ist auch als freischaffender Kurator tätig. Anfang Juli 2018 findet im silent green in Berlin das von ihm mit-kuratierte Festival, Edit Film Culture! statt.
02.05.2018 | NIKOLAUS WEGMANN (Princeton University NJ / USA)
Wie geht Selbstdokumentation? Alles nur eine Frage der Skalierung?
Abstract
»Wie kommt es, frage ich mich, dass niemand den Mut hat für uns ein genaues Register zu erstellen für alle Gedanken, die ihm durch den Kopf gehen, für jede Bewegung seines Herzenes, seine Sorgen und alle seine Vergnügungen.«
Diderots Frage aus dem Jahr 1762 trifft noch immer einen Punkt. Schon auf den ersten Blick ist das zu erstellende „Register“ ein vielleicht prinzipiell unmögliches, aber noch immer faszinierendes Unterfangen. Denn je genauer man sich selbst mit dem Notizbuch, der Kamera oder dem Rekorder dokumentiert, desto größer scheint auch die Chance, dass man so eine vollständige Auskunft über sich selbst erhält.
Kurzvita
Prof. Dr. Nikolaus Wegmann studierte Neuere Deutsche und Allgemeine Literaturwissenschaft sowie Philosophie in Bielefeld und an der Cornell University in den USA. Die Promotion erfolgte 1984 in Bielefeld, die Habilitation 1998 in Köln. Seit 2006 ist er Full Professor am German Department der Princeton University, USA.
15.05.2018 | RUPERT GADERER (Ruhr-Universität Bochum / D)
Antreten.
Abstract
§ 12
Antrittsvorlesung und Urkunde
(1) Nach Erteilung der Lehrbefugnis ist die/der Habilitierte verpflichtet, eine etwa 45 Minuten dauernde Antrittsvorlesung zu halten. Sie sollte nach Möglichkeit zu Beginn der Lehrtätigkeit, sie muss spätestens ein Jahr nach dem Kolloquium stattfinden; über Ausnahmen entscheidet die Dekanin/der Dekan.
(2) Zu der Antrittsvorlesung lädt die Dekanin/der Dekan das Rektorat, die Dekaninnen/Dekane der anderen Fakultäten der Ruhr-Universität Bochum, die Lehrenden der Fakultät für Philologie, deren emeritierte und in den Ruhestand versetzte Professorinnen/Professoren sowie die Mitglieder anderer Fakultäten, die an der Habilitation mitgewirkt haben, schriftlich, im übrigen durch Anschlag, ein.
(3) Im Anschluss an die Antrittsvorlesung überreicht die Dekanin/der Dekan der Bewerberin/dem Bewerber die Urkunde über die Lehrbefugnis. Die Urkunde enthält:
1. die Personalien der/des Habilitierten,
2. die Bezeichnung des Habilitationsfachs,
3. die Bezeichnung der Fakultät, die die Lehrbefugnis erteilt,
4. das Datum des Tages der Beschlussfassung,
5. die Unterschriften der Dekanin/des Dekans und der Rektorin/des Rektors,
6. die Siegel der Fakultät und der Universität.
(Habilitationsordnung der Fakultät für Philologie der Ruhr-Universität Bochum, vom 9. Juli 2003)
Kurzvita
PD Dr. Rupert Gaderer, Akademischer Oberrat a.Z. am Germanistischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. 2005-2008 Stipendiat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Doc-Stipendium), Junior Fellow am IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften (Wien) und Stipendiat der Klassik Stiftung Weimar. 2008 Promotion. 2008-2010 Fellow am ICI Institute for Cultural Inquiry (Berlin) und Post-Doc am DFG-Graduiertenkolleg Mediale Historiographien (Weimar/Erfurt/Jena). 2010-2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Medien, Bauhaus-Universität Weimar. 2012–2014 Wissenschaftlicher Redakteur des Archivs für Mediengeschichte (Berlin/Bochum/Weimar). 2012-2018 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medienwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum. 2016 Vertretungsprofessor am Institut für Medienwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum und Visiting Professor, Max Kade und Charlotte M. Craig Fellow am Department of Germanic Languages and Literatures, Rutgers University (NJ). 2017-2018 Vertretungsprofessor am Institut für deutsche Sprache und Literatur an der Technischen Universität Dortmund. 2018 Habilitation an der Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Philologie.
05.06.2018 | RICHARD DYER (King‘s College London / UK)
The Aesthetics of Marginality: Blacks and Queers and La Dolce Vita
Biographical Note
Richard Dyer has an MA from the University of St Andrews and a PhD in Cultural Studies from the University of Birmingham. He was Professor of Film Studies at the University of Warwick and King’s College London and Professorial Fellow at St Andrews. He has lectured very widely in Europe, North America and Australia, been honoured by the Universities of Turku, Dublin and Yale, the Society for Cinema and Media Studies and the British Association of Film, Television and Screen Studies and is a Fellow of the British Academy. His work has focused on issues of entertainment and representation and the relationship between them and he has pioneered work on the musical, stars, lesbian and gay cinema and culture, whiteness and popular European cinema, as well as writing books on pastiche, music and film, serial killing and the films Brief Encounter, Seven and La dolce vita. His books include Stars, Only Entertainment, The Matter of Images, White, The Culture of Queers, Pastiche, Nino Rota, In the Space of a Song and Lethal Repetition: The Serial Killer in European Cinema.
14.06.2018 | HANS-JOACHIM BACKE (IT University Copenhagen / DK)
Spielen als makroskopischer Quantenzustand. Zum Verhältnis von Computerspiel, Authentizität und Dokumentarischem
Abstract
Computerspieltheorie hat sich seit ihren Anfängen intensiv an scheinbar unüberwindlichen Dichotomien abgearbeitet. Die wahrscheinlich bekannteste ist die oft als Schisma dargestellte Debatte zwischen „Ludologen“ und „Narratologen“, die sich an der Kernfrage orientiert, ob Computerspiele primär als Spiele oder Texte verstanden werden können (oder, dogmatisch formuliert, müssen). Jesper Juul hat von dieser Debatte einflussreich abstrahiert, indem er zwischen ‚realen‘ Regeln und dem ‚fiktionalen‘ Rest von Spielen unterscheidet (Juul 2006). Abseits von Ontologien des Spielobjekts ist die Dichotomie zwischen Gewaltdebatte und Gamification die bedeutendste, also die Frage, ob Computerspiele an sich schädlich oder therapeutisch sein können (oder, wiederum dogmatisch gesprochen, schlichtweg sind). Man mag diese Debatten als Indikator dafür nehmen, dass sich Wissenschaft stets als ideologischer Kampf zwischen Lagern, Positionen und Schulen gestaltet, oder, wie es dieser Vortrag versucht, anstelle von partikularen Dichotomien eine tiefergehende, unüberwindliche Ambivalenz vermuten.
Die Kernthese dieses Vortrags ist, dass Computerspiele als makroskopischer Quantenzustand verstanden werden können, d.h. als System zahlloser Variablen, die sich bereits in sich selbst, aber besonders im Zusammenwirken, nicht mit den Mitteln und Terminologien klassischer Physik oder Logik beschreiben lassen. Diese Überlegung fußt zu nicht unerheblichem Grad auf einem Aufsatz Tracy Fullertons, einer der angesehensten Game Design-Theoretikerinnen, zum Thema dokumentarische Computerspiele. In „Documentary Games: Putting the Player in the Path of History” spricht sie von „the inherent tension between the knowledge of an event’s outcome and the necessity of allowing player agency to affect that outcome“ (Fullerton 2008, 26) und legt damit ein Spannungsverhältnis offen, das hier als quantenmechanisch beschrieben werden soll: die Handlungen der Spieler sind stets von einer performativen Authentizität gekennzeichnet, die audiovisueller Ähnlichkeit und historischer Präzision nicht notwendigerweise zuwiderläuft, aber mit ihnen dergestalt interferiert, dass eine Wahrnehmung aller Dimensionen gleichzeitig – ähnlich der Bestimmung von Geschwindigkeit und Position eines Elektrons – unmöglich ist.
Der Vortrag spürt dem Verhältnis von Authentizität, Dokumentarischem und Agency (Murray 1997; Wardrip-Fruin 2009) in virtuellen Welten in einer Reihe von Vignetten nach, die Computerspieltheorien mit Musik- und Bildphilosophie in Dialog setzen, und schließt mit einer Beispielanalyse ab, die zeigt, wie sich zeitgenössische Spiele diesen theoretischen Aporien Ausdruck verleihen.
Biographical Note
Hans-Joachim Backe ist Associate Professor am Center for Computer Games Research der IT University Kopenhagen. Nach dem Magisterabschluss in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft in Saarbrücken promovierte er dort zu Strukturen und Funktionen des Erzählens im Computerspiel. Seine derzeitige Forschung setzt sich mit den ästhetischen, technologischen und wirtschaftlichen Wechselbeziehungen zwischen Film, Comic und Computerspiel auseinander.